11 - 2D - "Wenn ich einmal soll scheiden" - P.Gerhardt-Choräle in Bachs Passionen [ID:16421]
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Ja, dann kommt noch jetzt eine weitere Folge, Passion, aber sozusagen ganz in der Überschrift

KORÄLE in Johann Sebastian Bachs PASSIONEN mit Paul Gerhardt-Strophen. Ich habe dazu ein eigenes Handout,

wo ich auch, um selber mal den Überblick zu haben, das jetzt zusammengeschrieben habe.

Sie sehen, Johannas Passion hatten wir ja auch schon besprochen. In der Johannas Passion gibt es nur

diese Doppelstrophe, wer hat dich so geschlagen, ich, ich und meine Sünden aus dem Lied O WELSIE

HIER DEIN LEBEN, das wir als zweites Passionslied besprochen haben. Dann kommt Matthäus Passion,

eine ganze Liste, dazu gleich. Auf der zweiten Seite darf nicht untergehen Marcus Passion. Die

Marcus Passion ist ja nicht wirklich existent im Konzertleben schlicht und einfach deshalb,

weil wir die Noten nicht haben. Wir haben nur ein Textbuch, das gedruckt wurde, inzwischen sogar

zwei Textbücher, weshalb wir wissen, dass auch 1744 die Marcus Passion aufgeführt wurde, mit etwas

anderer Konstellation, aber wir haben die Musik nicht erhalten. Aber über das Textbuch können

wir feststellen, in diesem Textbuch sind die KORÄLE abgedruckt, welche KORÄLE vorkamen. Die

Marcus Passion hat im Unterschied zur Matthäus Passion, wo die ARIEN mit dieser Doppelung von

Ariose und Ari eine große Rolle spielen und sehr viel Zeitraum einnehmen. Die Marcus Passion hat

einen stärkeren Akzent auf KORÄLE. Da kommen weniger ARIEN vor, dafür mehr KORÄLE, glaube ich

insgesamt 16. Davon sind aber nur, nur, in Anführungsstrichen vier von Paul Gerhard. Also

wir haben da Ich, Ich und meine Sünden im Anschluss an die Jüngerfrage Herr bin Ichs. Das Ich,

Ich und meine Sünden hatten wir auch in der Johannes Passion. Wir haben Ich will hier bei dir

stehen, o Hauptvolk, Blut und Wunsch, Strophe 6, bei der wir gerade waren. Nach der Flucht der Jünger,

da verließen ihn alle Jünger und flohen und dann hält der Koral aber dezidiert dagegen. Ich als

christliche Gemeinde will nicht davon laufen. Wir haben die erste Strophe von Befiehl du deine

Wege im Zusammenhang des Verhörs vor dem hohe Priester und wir haben du edles Angesichte davor

sonst schrickt und scheut. Speziell die zweite Strophe von o Hauptvolk, Blut und Wunsch als

Stichwortanschluss an den Evangelistenbericht und die Knechte schlugen ihn ins Angesicht,

also bei der Verspottung und dieses du edles Angesichte. Wie bist du so bespeit heißt das ja

da. Also nimmt ja Paul Gerhard nimmt ja da genau darauf Bezug. Also insofern ist es sehr passend.

Aber wie gesagt vier Strophen von Paul Gerhard von insgesamt 16. Also es ist nicht so, dass da Paul

Gerhard jetzt absolut vorrangig wäre. Man liest immer wieder in der Literatur Paul Gerhard und

Johann Sebastian Bach sei sozusagen die ideale Synthese und das ist ein Reflex vor allem auf

die Matthäus Passion und bei der Matthäus Passion eben speziell auf die besondere Rolle,

die da der Choral wenn ich einmal so scheiden hat. Also es ist der letzte Choral. Er steht jetzt hier

auf der Seite ganz unten. Tatsächlich kommt in der Passion danach kein weiterer Choral mehr. Es ist

der letzte Choralsatz und er schließt eben direkt an. Aber Jesus schrie aber mal laut und verschieht.

Ansage des Todes und das Stichwort verschieht wird aufgegriffen durch wenn ich einmal so scheiden,

so scheide nicht von mir. Was dem Hörer ja eigentlich zumutet, dass er dann plötzlich sehr direkt sein

eigenes Sterben da jetzt hinein imaginiert, während vor seinem Auge ja eigentlich gerade die ganze

Passionsgeschichte mit dem Höhepunkt des Sterbens stattfindet. Dieses wenn ich einmal so scheiden,

ich habe ja auch die Noten mit angehängt, werde ich an der Orgel noch genauer besprechen. Aber

warum das so eine zentrale Rolle spielt in der Rezeption hängt auch damit zusammen, dass von

Anfang an der Wiederentdeckung der Matthäus Passion durch Felix Mendelssohn, Pertoldi

1829 dieser Choral in besonderer Weise inszeniert wurde. Denn Mendelssohn hatte die Idee diesen

Choralsatz dadurch hervorzuheben, dass er a cappella gesungen wird. Die Choralsätze in den

Passionen werden ja immer von allen Instrumenten begleitet. Die Idee des Chorals ist, dass alle in

dieser elementaren schlichten Satzform zusammenfinden. Für Mendelssohn war dieser Choral etwas

besonderes und er hat ihn dadurch hervorgehoben, dass er die Instrumente schweigen ließ und

wahrscheinlich hatte er auch ihn sehr langsam dann singen lassen. Er hat dasselbe dann bei der

zweite Auflage der Matthäus Passion in Leipzig 1841 wiederholt und von daher ist es im 19. Jahrhundert

und in dieser ganzen Bewegung der Bach-Renaissance, die sich ja sehr stark an der Matthäus Passion

andockte. Die Matthäus Passion war das Schlüsselwerk und da ist sozusagen der entscheidende Fokus dieser

Chorale als a cappella Chorale. Mendelssohn hat auch sonst in seinen Werken ja gezielt das a cappella

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:48:57 Min

Aufnahmedatum

2020-05-20

Hochgeladen am

2020-05-24 21:05:29

Sprache

de-DE

Das Phänomen Paul-Gerhardt-Lieder II

Die Lieder von Paul Gerhardt (1607-1676) sind "Evergreens" trotz ihrer veralteten barocken Sprach- und Vorstellungswelt, trotz ihres oft schweren theologischen "Ballasts", trotz ihrer Überlänge. Die Vorlesung nimmt einzelne Lieder in Textgestaltung wie Melodiezuweisung genauer unter die Lupe, vermittelt historischen Hintergrund der Liedentstehung und gibt Einblicke in die Liedrezeption durch die Jahrhunderte in Gesangbüchern wie Kunstmusik.

Tags

Kirchenmusik
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